MANFRED E. MELLMANN
Manfred Edwin Mellmann schafft einzigartige abstrakte Gemälde. Dafür verwendet er Tusche, Ölkreiden und Bleistift. Mellmann lebt und arbeitet in Münster. Bekannt geworden ist er durch seine Gemälde, mit denen er klassische Musik in die Sprache der Malerei übersetzt. Bis heute malt Mellmann mit Links, aber – und das ist etwas Einzigartiges – gleichzeitig mit Rechts. Allein diese Fähigkeit verleiht seinen Gemälden etwas Geheimnisvolles.
Für die Malerei hat er 1988 seinen Job als Großhandelskaufmann an den Nagel gehängt. Er hat zuerst mit Stadtansichten von Paris reüssiert, dann als Landschaftmaler, später als abstrakter Zeichner. Viele seiner abstrakten Gemälde erinnern an Arbeiten von Cy Twombly, Antoni Tàpies und Emil Schumacher. Anfang 2016 ist der Münsteraner Maler 80 Jahre alt geworden.
Mit seinem Talent ist er schon als Kind aufgefallen. Seine Begabung zu malen war schlichtweg unübersehbar. Allerdings standen die Häuser und Autos, die er damals auf der heimischen Tapete zu verewigen suchte, oft auf dem Kopf. Kein Wunder: Der 1936 in Münster geborene Manfred Edwin Mellmann ist nämlich Linkshänder. Und er malt beidhändig, also sowohl mit Links als auch mit Rechts.
Den Anstoß für seine Karriere als Maler gab in den 60er des vergangenen Jahrhunderts eine Reise nach Paris. Der Besuch der Galerie nationale du Jeu de Paume war für ihn wie ein Erweckungserlebnis.
Die Gemälde der großen Impressionisten Manet und Monet, Sisley und Pissaro begeisterten ihn und inspirierten ihn zu eigenen Bildern, Zeichnungen und Gemälden. Mit Millet, Utrillo und Vlaminck entdeckte er die Genremalerei.
Mellmann malte zuerst ganz klassisch mit Öl auf Leinwand. Mellmann ist Autodidakt. Den Umgang mit Farbe, das Verhältnis von Licht und Schatten, die Tiefe des Raumes und die Kompositionen hat er sich bei den Großen abgeguckt. Seine ersten Sujets waren pittoreske Ansichten vor allem von Paris, dann der Bretagne und immer wieder auch des Münsterlandes.
Als Mellmann seine Liebe zur klassischen Musik entdeckte, kam es in seiner Malerei zu einem radikalen Stilwandel. „Musik hat mich schon als Kind begeistert, aber mit den großen Sinfonien der deutschen Klassiker begann ein neues Kapitel“, erzählt der Maler. Seither versucht Mellmann Musik und das Erleben in eine andere Dimension, nämlich in seine eigene Sprache, zu übersetzen. Bei Mellmann scheinen die Augen zu hören und die Ohren zu sehen.
Mal zuckt und zappelt die Linie zart und zitternd wie bei einem Seismographen über das Papier, mal folgt sein Buntstift einem ausladenden Schwung als sei die Spitze eines Taktstockes wie zufällig übers Blatt gefahren. Für die Musik hat Mellmann eine eigene Bildsprache geschaffen. Abstrakt, leidenschaftlich und zugleich voller Rätsel.
Die Gemälde von Mellmann entstehen nicht während des Hörens als impulsive Übersetzung. Sie sind kein Action Painting, sondern das Siderat einer langen Auseinandersetzung mit einer bestimmten Sinfonie, mit einem Komponisten und mehrheitlich mit der Leistung der Dirigenten. Die Bewegungen der Linien und Striche mit Blei- oder Farbstift, Kreide oder Tusche sowie die explosionsartigen Figuren bringen die Summe der Erfahrungen zu Papier, die der Maler gemacht hat.
Mellmann begeistert sich für die Wucht und Wonne klassischer Musik von Wagner, Brahms, Berlioz, Schönberg, Schostakowitsch und vor allem von Gustav Mahler. In den vergangenen Jahren ist seine größte Leidenschaft ein wenig ausgebremst. Nach zwei Hörstürzen ist sein Hörvermögen eingeschränkt und er gibt sich nur noch selten dem vollen Klang hin.
Wenn er früher daheim seine Lieblingsplatten aufgelegt und vorsichtig den Tonarm aufs Vinyl aufgesetzt hat, dann wackelten schon mal die Wände. Er gesteht, dass er sich in solchen Momenten dann beinahe wie ein Impressario inmitten eines großen Orchesters fühlte. Früher hat er seine Lieblingsplatten am liebsten im Stehen gehört.
Mellmann pflegt einen erlesenen Musikgeschmack. Er hat ein geschultes Gehör. Seine Lieblingsdirigenten erkennt er bereits nach wenigen Takten. Einzelne Sinfonien sind so fest in seinem Gedächtnis verankert, dass er nur wenige Takte braucht, um sie zu erkennen. In seinen Gemälden hat er die eigenwilligen Dirigate von weltberühmten Orchesterleitern wie George Szell, Arturo Toscanini, Carlos Kleiber, Carlo-Maria Giulini und Bruno Walter aufgegriffen. Es sind Liebeserklärungen.
Zahlreiche seiner Bilder huldigen dem legendären Dirigenten Dimitri Mitropoulos. Der griechische Dirigent gilt bis heute als der bedeutendste Interpret der Werke von Gustav Mahler
Mellmann folgt am allerliebsten Mitropoulos und interpretiert Mahler in dessen Manier - allerdings mit seinen Mitteln: Mit Papier, Farbstiften, Tusche und Farbe. Was dabei auf dem Papier landet, das bleibt auch dort. Korrigieren gibt es nicht. Es gibt halt nur diesen einen kreativen Moment.
Mellmann versteckt in seinen Kompositionen karikaturartige Zeichnungen und kryptische Schrift-zeichen. Da wird schon mal der Titel eines Bildes oder die Verbeugung vor einem Dirigenten im Gemälde aufgenommen. Der Künstler bedient sich dabei seiner einzigartigen Begabung: Er malt beidhändig, und er schreibt spiegelverkehrt. Auch die Signatur des Künstlers ist meist in Spiegelschrift auf den Bildern zu finden.
Im vergangenen Jahr hat Manfred Edwin Mellmann wieder einen ganzen Zyklus von abstrakten Bildern aufgelegt. Das Thema Musik ist dabei deutlich in den Hintergrund getreten. Es sind Arbeiten bei denen der Künstler seine Erfahrung mit einer weiteren Reduktion von Bildelementen auslebt. Es sind Striche und Linien, die in ein Spannungsverhältnis zu einander stehen. Thematisch beschäftigt sich der Maler mit den Widersprüchen unserer Zeit. Mit Titel wie „Mahnung“ oder „Alarm“ reagiert er auf die bedrohte Umwelt und die kriegerischen Konflikte auf der Erde.
Das Spätwerk des Künstlers setzt die Formensprache der seiner Musikbilder weiter fort. Unübertroffen hat Dr. Karl-Heinz Brosthaus in den 90ern des vergangenen Jahrhunderts bereits über Manfred Edwin Mellmann geschrieben: „So unterschiedlich die einzelnen Zeichnungen der verschiedenen Phasen und Themen auch sind, lassen sie sich doch alle durch den virtuosen und sicheren Umgang mit den Bildmitteln und das gekonnte Setzen der Akzente als Zeichnungen von der Hand Manfred Edwin Mellmanns identifizieren.“ Diese Handschrift ist unverwechselbar.
Die Virtuosität seiner Gemälde wird mit größerer Abstraktion immer tiefgründiger. Mellmann hat mit den Jahren ein tiefes Weltverständnis entwickelt, setzt sich mit Philosophie auseinander und blickt abgeklärt auf die aktuellen Zeitläufte. Der Zustand der Welt macht ihm Sorgen. „Dabei ist es eigentlich doch ganz einfach: Wir brauchen ein größeres Verständnis für einander“, wünscht er sich. „Jeder Mensch auf der Welt möchte in Frieden leben.“
(Dr. Jörg Bockow)
Ausstellungen (Auswahl)
"Manfred Edwin Mellmann" im Haus Wartenburg, Krefeld 1977
"Manfred Edwin Mellmann" in der Galerie Steinbach-Krüsmann, Münster 1978
"Landschaften des Münsterlandes" in der Galerie Steinbach-Krüsmann, Münster 1980
"Arbeiten von Manfred Edwin Mellmann" in der Galerie Seebote, Überlingen 1990
"Manfred Edwin Mellmann" in der Galerie Laakmann, Bochum 1991
"Arbeiten von Manfred Edwin Mellmann" in der Galerie Antje K., Kleve 1996
"Gemälde von Manfred Edwin Mellmann in der Galerie Koppermann, Badenweiler 1998/99
"Zeichnungen von Manfred Edwin Mellmann" im Haus der Niederlande, Münster 1999
"Manfred Edwin Mellmann" in der Galerie art.ist Radinger, Castrop-Rauxel 2006
"Manfred Edwin Mellmann: Klang der Bilder. Zeichnungen bis 2011" in der Galerie Schneeberger, Münster 2011
"Manfred Edwin Mellmann", Teil einer Gruppenausstellung in der Galerie art.ist Radinger, Castrop-Rauxel 2012
"Manfred Edwin Mellmann" im Haus der Niederlande, Münster 2012
Musica dell Arte, Gruppenausstellung in der RUDIFREDLINKEGALERIE, Münster-Wolbeck 2015
Pressestimmen
Landschaft als Lieblingsmodell
Der Reiz der skizzenhaften Zeichnungen liegt in ihrer Stimmung. Mellmann hebt die Dinge im Vordergrund oft nur durch einen festeren Druck mit seinem Bleistift hervor. Durch nur angedeutete Details empfindet der Betrachter die Jahreszeiten oder das Wetter (fehlende Blätter, bewegtes Ährenfeld). So erhalten die Ansichten von alten Höfen, Scheunen, Zäunen, Dörfern, Flüssen und Weihern und immer wieder von Pappeln ständig wechselnde Gesichter. Die Ölbilder Mellmanns in satten Farben zeigen aufgelöste Konturen die sich ins Expressionistische verflüchtigen.
Münstersche Zeitung, 1980
Der Dirigent mit dem Zeichenstift
Die Linien sind dicht und geschwungen. Ein Gefüge aus Worten bildet die Basis der kalligraphischen Zeichnung, die Gustav Mahler gewidmet ist. In Spiegelschrift geschrieben, enthält sie wichtige Lebensdaten des Musikers. Gleichzeitig vermitteln Art und Aufbau des Kunstwerkes dem Betrachter einen visuellen Eindruck der komponierten Musik. Der Künstler, der die Töne in Tusche verwandelt, ist Manfred Edwin Mellmann. Seit gut zehn Jahren malt er Bilder über musikalische Themen.
Ein Faible für die Malerei zeigte der Münsteraner schon infrühester Jugend. (...) Die ersten Werke hatten ein Charakteristikum: Sie waren mit der linken Hand gemalt und standen meistens auf dem Kopf. In der Schule konnte Mellmann Sätze ohne besondere Übung spiegelverkehrt schreiben.
In den 60er Jahren begann der Künstler mit impressio-nistischen Gemälden in ausdrucksstarken Grün- und Blautönen. Sie zeigten Landschaft, die der Großhandelskaufmann
auf Reisen in Frankreich gesehen hatte. Später näherte sich sein Malstil dem Expressionismus. Die Farben wurden dunkler: Wälder, Wiesen und Seen fesselten ihn jedoch weiterhin.
Auch Bleistift-Zeichnungen fertigte der Maler an. Meist waren sie naturalistisch gehalten und zeigten Motive aus dem Münsterland - Felder mit Klatschmohn und Bauernhöfe. Diese Bilder fanden große Beachtung und bildeten den Hauptteil seiner ersten Ausstellung in Münster.
Zur gleichen Zeit vertiefte Mellmann seine Kenntnisse über Musik, wobei er die sinfonische bevorzugte. Der Künstler hörte mehrere Stunden täglich klassische Kompositionen, von Brahms, Berlioz, Mahler und Strauß, und verglich Interpretationen verschiedener Dirigenten. In den 80erJahren entwickelte er aus Kalligraphie, Malerei und Musik seinen wohl einmaligen Kunststil.
Warum gerade die Musik zu einem thematischen Schwerpunkt seiner Bilder geworden ist - dafür hat der Künstler eine einfach Erklärung: "Sie ist für mich das gewaltigste Ausdrucksmittel."
Westfälischen Nachrichten, 1997
Mit dem Pinsel dirigieren
Originalität und höchste zeichnerische Qualität sprechen aus den Arbeiten von Manfred Edwin Mellmann, die jetzt in der Galerie Seebote zu sehen sind. Der Münsteraner
Künstler zeigt dabei erstmals einen Querschnitt seines Schaffens der vergangenen Dekade. (...)
Ein Schwerpunkt des Gezeigten sind Spigelschriftbilder, in denen Mellman versucht, die Charakteristika, musikalischer Werke oder Interpretationen mit kühnem kalligraphischem Schwung einzufangen.
In zwei Hauptbereichen liegen die Wurzeln des (...) Künstlers Mellmann: der Musik und der Seefahrt. Vor allem die erstere kommt in der Ausstellung zum Zuge. Den Zugang zu dem Werk erleichterte Birgit John Petev, die den ungewöhnlichen Ansatz des Künsters und manches Detail erläuterte.
So bei "In memoriam Vladimir Horowitz" eine Zeichnung die Mellmann am Tage nach dem Tode des berühmten Pianisten gestaltete und quasi als "Grabplatte" konzipierte. Was einen zunächst als unlesbare Kalligraphie entgegentritt, läßt sich mit etwas Mühe exakt entschlüsseln. Nicht nur der Name Horowitz, auch der seiner Frau, ja deren Hochzeitdsdatum sind hinter den auf den ersten Blick unverständlichen spiegelbildlichen Schriftzügen verborgen. Doch im Vordergrund steht ohnehin weniger der Inhalt als die graphische Gestaltung. Aus den zarten Schwüngen tritt mit Skurriler Kraft ein spiegelbildliches "r" und damit symbolisch der Charakter des alternden Horowitz hervor.
Badische Zeitung, 1990
Von den Symphonien inspiriert
Die Nase zeichnen geschwungene Linien des Buchstabens "L" nach, die Bartspitzen bestehen aus denen eines "N". In den anderen Gesichtszügendes Kolonialoffiziers sind
die weiteren Buchstaben der Wörter "Leutnant der Ostindischen Kompagnie" zu lesen, allerdings in Spiegelschrift und derart kunstvoll, dass es auf den ersten Blick des Betrachters nicht immer zu
erkennen sind. Die Zeichnungen des münsteraner Künstlers Manfred Edwin Mellmann kann man nicht nur betrachten, sondern auch lesen. (...)
Die unverkennbare Dynamik der Zeichnungen, die Mellmann, seit 1958 Autodidakt auf dem Gebiet der Malerei, in seinen Werken zum Ausdruck bringt, resultieren aus dem Zusammenspielt der je nach Thematik geschwungenen oder brüchigen Schrift und den Freiräumen zwischen deren Linien.
Farbe spiele eine untergeordnete Rolle, heute mehr den je, erklärt der geborene Münsteraner, der sich von den Schwarzweiß-Arbeiten Richard Serras inspirieren läßt. Nach seinen zwei künstlerischen Phasen, in denen er sich der klassischen Landschaftsmalerei in Öl sowie der Bleistift-Zeichnungen widmete, fasinieren ihn seit 1982 die Zeichnung und Collage mit Filz-, Bunt- und Bleistift sowie Tusche und Kreide.
"Schon inder Schule habe ich gemerkt, dass ich ein guter Spiegelschriftschreiber war." Und diese außergewöhnliche Fertigkeit beherrscht der Rechtshänder am besten mit links, weshalb auch seine Bilder mit der linken Hand entstehen. Die Musik, insbesondere die Werke von Berlioz, Mahler, Prokofieff und Strauß, sind eine große Leidenschaft Mellmanns. So manchen Vormitag hört er Symphonien, nimmt sie stehend und ohne Pause in sich auf. Aus dieser Musik heraus enstanden viele seiner Arbeiten der Ausstellung.
Die 6. Symphonie von Gustav Mahler beispielsweise oder der Finalsatz seiner ersten Symphonie setzte erzeichnerisch um, nicht ohne auch den Namen des Komponisten oder andere Informationen in das Werk zu integrieren.
In anderen Bildern erscheinen versteckt, bei näherer Betrachtung aber augenscheinlich die Namen von Orchestern und Dirigenten. Sein Ausdrucksmedium bleibe jedoch das Bild und nicht die Schrift, so Mellmann.
Westfälische Nachrichten, 1999
Tusche-Buchstaben schlängeln sich zu Gesichtsprofilen
Die Bilder erinnern an eine Schatzsuche: Manfred Edwin Mellmann legt die Fährte, und die Betrachter können die geschwungenen Linien wie Anweisungen lesen. Mit ein
bisschen Übung steht am Ende der Spurensuche ein Satz: "Die Grundkomposition meiner Bilder besteht häufig aus Schrift", erklärt der in Münster geborene Künstler.
Werke wie das des "Kolonial Offiziers" zeigen, was er meint. Eine Aneinanderreihung von Buchstaben bildet bei dieser Tusche-Zeichnung das Profil des Offiziers.
Mellmann kann mit seiner linken Hand genauso virtuos zeichnen und schreiben wie mit seiner rechten. In seinen Bildern verdichtet er die Begabung zu qualitätsvollen Arbeiten.
Aber auch ohne die Wörtersuche haben seine Arbeiten einen hohen ästhetischen Wert.
Grazil schlängeln sich Linien über die Bilder, Farben bilden Schwerpunkte, machen das wohl austarierte Kompositionsgefüge ersichtlich. Ein anderes Mal dominieren breite schwarze Kohlespüren. Die klassische Musik ist neben der historischen Seefahrt ein bevorzugtes Thema Mellmanns. "Ich setze sehr häufig ganze Symphonien in meinen Bildern um", erklärt der passionierte Musikliebhaber.
Münsterscher Anzeiger, 1999
Künstler mit individueller Handschrift
Auf den ersten Blick ist es die Zeichnung eines "Leutnants der Ostindischen Kompagnie" - so lautet auch der Titel des Werkes von Manfred Edwin Mellmann. Erst auf den
zweiten und dritten Blick erschließt sich die zweite Ebene des Bildes: die grazile Linie des Buchstaben "L" bildet die Nase des Militärs, die Bartspitzen entpuppen sich als "N".
Um in den Zeichnungen von Mellmann die persönliche Handschrift des Künstlers erkennen zu können, muss man schon genau hinschauen - am besten mit einem Spiegel in der
Hand. Denn der Münsteraner Künstler arbeitet in vielen seiner Werke mit kunstvoll verarbeiteten Schriftzügen in Spiegelschrift, sie charakterisieren die Eigenart der Arbeitsweise Mellmanns.
(...)
Thematisch bilden die Bereiche Musik und Seefahrt den Schwerpunkt. Da tanzen feine, edle Linien beschwingt und grazil nach der musikalischen Dynamik der Sinfonien eines Gustav Mahlers oder dramatisch im Takt eines Violinkonzertes von Serge Prokofieff. Daneben das "Ende der Barents Expedition": Chaotisch pulsieren dunkle Linien auf einem schwarzen Strudel, der den Betrachter in die bedrohliche Tiefe zieht.
Trotz seiner Vorliebe für die Spiegelschrift, die auf seinen Fähigkeiten als Linkshänder basiert, sind Mellmanns Bilder aber beileibe keine "Lesebilder". Die Schrift ist nur eines von verschiedenen kompositorischen Elementen Mellmanns. Durch ihren Einsatz in verschiedenen Richtungen und auch auf dem Kopf entziehen sich die Buchstaben bewusst der leichten Erkennbarkeit und Lesbarkeit, wodurch zugleich ihr grafischer Charakter stärker betont wird. "Das Bild an sich muss wirken", verweist Mellmann auf seinen künstlerischen Anspruch. Floss die Spiegelschrift beim Kolonialoffizier noch bewußt und konstruiert in die Zeichnung ein, nimmt Mellmann sie später zurück, entwickelt aus ihr andere bildliche Elemente.
Mellmanns künstlerische Laufbahn begann bereits in den 50er Jahren. Widmete er sich zunächst Stadtansichten, so wandte er sich in den 70er Jahren vornehmlich der Landschaft des Münsterlandes zu, die er in zahlreichen Ölgemälden wie auch in grafischen Arbeiten gestaltete. 1981 begann dann seine "dritte", bis heute andauernde künstlerische Phase. (...)
kaufen + sparen, 1999
Abstraktion in Spiegelschrift
Er ist Linkshänder und schreibt Spiegelschrift. Und er läßt sich von der Musik inspirieren. Seit Anfang der 80er Jahre zeichnet der Künstler Manfred Edwin Mellmann
abstrakte Bilder, malt mit unterschiedlichen Materialien Collagen auf der Basis der Schriftzüge. (...)
Der Künstler setzt sich seit über 20 Jahren mit seinen Zeichnungen mit von ihm geschätzten Stücken klassischer Musik und den Persönlichkeiten ihrer Komponisten
und Interpreten auseinander, z.B. Berlioz, Mahler, Prokofieff und Strauß. Dabei malt Mellmann nicht nach Noten, sondern übersetzt visuell seine Eindrücke der Werke. (...)
Manfred Edwin Mellmann begann seine Laufbahn Ende der 50er Jahre ganz klassisch mit Landschaftsmalerei, ehe er die Dinge abstrahierte und zum Teil mit Farbe unterlegte. Nicht nur Musik ist sein Thema, er setzt sich auch mit Herztransplantation oder AIDS auseinander, porträtiert einen Havaristen oder nenn sein persönliches Lieblingsbild "Die große Wucht des Wenigen".
WAZ Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 2006
Wo Gedanken in Raketen fliegen
Es gibt ein Bild in der Ausstellung, das jeden ansprechen müsste. „Die Gedanken sind frei“ ist es betitelt. Ins Auge fällt ein Kreis, mit dickem Pinsel gezogen. Blau
und braun hat Manfred Edwin Mellmann als Töne gewählt, seine favorisierten Farben. Dicke Striche, die in den Kreis eindringen, in dem es – filigraner gezeichnet – offenbar brodelt, symbolisieren
Einflüsse von Außen, die das menschliche Hirn bedrängen. An einer Stelle jedoch ist der Kreis aufgebrochen. Hier können die Gedanken entfleuchen. In einer Art Rakete, die im Bild gerade
davonsaust.
„Kein Fremder weiß, wie Gedanken aussehen und wohin sie verschwinden“, sagt der 76-jährige Künstler. (...) Die „Komposition nach Mozart“, eines der 36 Werke der aktuellen Schau, ist ein schönes Beispiel dafür, wie Mellmann Musik nachempfindet, wie er sie „durchfühlt“ wiedergibt: Mit großer Dynamik in Strichen, Zeichen und Spiegelschrift, derer er mächtig ist.
Die Musik ist für ihn aber nur der Auslöser. Es geht ihm nicht darum, sie, wie es die Synästhetiker tun, direkt in Malerei umzusetzen. Musik hören und Bilder zeichnen sind bei ihm zwei voneinander getrennte Arbeitsschritte. Dafür aber ergänzt er seine Musik-Bilder durch „andere Angaben“. Das kann mal ein angedeutetes Porträt eines Komponisten sein, die Ortsangabe einer Aufführung oder Biografisches, wie dies im Werk „In memoriam Dimitri Mitropoulos“ der Fall ist. Auch hier wieder: die dynamische Spiegelschrift, die „symbolisch ist für Mitropoulos’ große Gestik“, wie Mellmann über den von ihm favorisierten Dirigenten sagt.
Neue Werke, teils aus dem Jahr 2012 wie das ruhige „Mühevoll empfunden“, zeigen Mellmann als Ästheten auch im Umgang mit den Freiräumen. Die Schrift tritt hier
in den Hintergrund. Sie taucht höchstens als wohlgesetzte Signatur auf. Interessant auch: die Collagen, für die Mellmann – wie sein Vorbild, der just verstorbene Antoni Tàpies – „nur
Formenteile nutzt, die von mir sind“. Das „Gelbe Kreuz“ etwa besteht aus fünf Einzelblättern, die er harmonisch zusammengefügt hat. (...)
Westfälische Nachrichten, 2012
Musik und Malerei im Dialog
Mal schwingt seine Linie zart und zackelig wie bei einem Seismographen, mal folgt sein Buntstift einem ausladenden Schwung, als sei die Spitze eines Dirigentenstabes bei einer machtvollen Geste übers Blatt gefahren. Die abstrakten Zeichnungen und Gemälde des Münsteraner Malers Manfred Edwin Mellmann übersetzen legendäre, klassische Konzerte in eine faszinierende Bildsprache. Bei Mellmann ist zu sehen, was man eigentlich nur hören kann.
Mehr als 35 Meisterwerke von Manfred Edwin Mellmann stehen im Mittelpunkt der Gemeinschaftsausstellung „Musica dell Arte“ in der RUDIFREDLINKEGALERIE in Münster-Wolbeck zu sehen ist. Musik und Malerei treten in dieser Ausstellung in einen intensiven Dialog. Musikerleben wird in einen künstlerischen Ausdruck übersetzt. Klänge nehmen bei Mellmann Farbe an. Die Dynamik gräbt sich ins Papier. Die Partitur wird zum Tanz der geschwungenen Linien.
Westfalium, 2015
Kunstwerk des Monats - April 2016
Manfred Edwin Mellmann hat das abstrakte Gemälde "ohne Titel" im vergangenen Jahr geschaffen. Dafür sind Tusche, Ölkreiden und Bleistift verwendet worden.
Mellmann lebt und arbeitet in Münster. Bekannt geworden ist er durch seine Gemälde, mit denen er klassische Musik in die Sprache der Malerei übersetzt. Bis heute malt Mellmann mit Links, aber – und das ist etwas Einzigartiges – gleichzeitig mit Rechts. Allein diese Fähigkeit verleiht seinen Gemälden etwas Geheimnisvolles.
Für die Malerei hat er 1988 seinen Job als Großhandelskaufmann an den Nagel gehängt. Er hat zuerst mit Stadtansichten von Paris reüssiert, dann als Landschaftmaler, später als abstrakter Zeichner. Viele seiner abstrakten Gemälde erinnern an Arbeiten von Cy Twombly, Antoni Tàpies und Emil Schumacher. Anfang dieses Jahres ist der Münsteraner Maler 80 Jahre alt geworden.
Newsletter Kunst + Design von Westfalium, 2016
Zeichnungen voller Musik
Den Anstoß für seine Karriere als Maler gab in den 60er des vergangenen Jahrhunderts eine
Reise nach Paris. Der Besuch der Galerie nationale du Jeu de Paume war für Mellmann wie ein Erweckungserlebnis.
Die Gemälde der großen Impressionisten Manet und Monet, Sisley und Pissaro begeisterten ihn und inspirierten ihn zu eigenen Studien.
Mit Millet, Utrillo und Vlaminck entdeckte er die Genremalerei. Mellmann malte zuerst ganz klassisch mit Ölfarben auf Leinwand. Für viele Jahre kehrte er gemeinsam mit seiner Frau immer wieder nach Paris zurück, um sich dort von der künstlerischen Atmosphäre gefangen nehmen zu lassen.
Manfred Edwin Mellmann ist Autodidakt. Den Umgang mit Farbe, das Verhältnis von Licht und Schatten, die Tiefe des Raumes und die Kompositionen hat er sich bei den Großen abgeguckt. Seine ersten Sujets waren pittoreske Ansichten vor allem von Paris, dann der Bretagne und immer wieder auch des Münsterlandes. Manche der Gemälde aus der Umgebung von Münster erinnern an Gemälde von Otto Modersohn. Hinzu kamen minutiöse und detailreiche Bleistiftzeichnungen, in denen er die Parklandschaft des Münsterlandes festhielt. (...)
KONTUR No. 14, 2016